Verurteilungen von Kriegsgefangenen
In der Zeit Stalins wurden die Justizorgane politisch instrumentalisiert, dies traf auch die Kriegsgefangenen. Insgesamt verurteilten sowjetische Gerichte und Sonderbehörden rund 34 000 deutsche Kriegsgefangene. Die Verurteilungen erreichten 1949/50 ihren Höhepunkt, 75 Prozent der Verurteilungen fallen in diese Phase.
Die Massenprozesse um den Jahreswechsel 1949/50 hatten die Funktion, neben tatsächlichen und vermeintlichen Kriegsverbrechern auch „Reaktionäre“ und „Revanchisten“ von der Heimreise in die beiden deutschen Staaten auszuschließen. Die weitaus größte Zahl der Verurteilungen erfolgte wegen „Kriegs- und Gewaltverbrechen“ auf Grundlage des Erlasses „Ukas 43“.
Die sowjetischen Behörden wollten die Verbrechen der Deutschen in ihrem Land sühnen. Von rechtsstaatlichen Verfahren mit dem Nachweis der konkreten Beteiligung an Verbrechen konnte jedoch keine Rede sein. Die deutschen Kriegsgefangenen wurden von Militärgerichten in nichtöffentlichen Schnellverfahren abgeurteilt. Ein großer Teil der Gefangenen wurde 1949/50 aufgrund ihrer bloßen Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen, etwa Wehrmachts- oder SS-Einheiten, verurteilt. In den früheren Schauprozessen war dagegen häufig konkretes Belastungsmaterial vorgelegt worden.
Der häufigste Urteilsspruch lautete 25 Jahre „Arbeitsbesserungslager“. 1947 war die Todesstrafe in der Sowjetunion generell abgeschafft worden, die 25 Jahre waren also die Höchststrafe. Als die Todesstrafe im Januar 1950 wieder eingeführt wurde, hatte dies keine Folgen für die verurteilten Kriegsgefangenen.
Themen-Artikel: Deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion
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1. Kriegseinsätze
In Kämpfen auf der Krim wird der Wehrmachtssoldat Paulmaier 1943 schwer verwundet – er verliert sein rechtes Auge. Im Januar 1945 muss er jedoch wieder an die Front.
2. Gefangennahme
Am 8. Mai 1945 wird Paulmaier von sowjetischen Truppen gefangen genommen. Er erzählt, wie er einen tagelangen Fußmarsch durchstehen muss – ohne Verpflegung.
3. Hungertod
In den sowjetischen Gefangenenlagern sterben 1945/46 massenhaft Kriegsgefangene. Paulmaier schwört sich: „Du darfst nicht krepieren, du musst noch mal heimkommen.“
4. Verurteilung
Ein sowjetisches Militärtribunal verurteilt Paulmaier 1949 zu 25 Jahren „Arbeitsbesserungslager“. Ihm wird vorgeworfen, an einer Erschießung beteiligt gewesen zu sein.
5. Zwangsarbeit
Paulmaier muss in den Lagern Zwangsarbeit leisten. Am schlimmsten, erzählt er, waren die Monate im sibirischen Workuta. Dort schuftet er im Kohlenschacht.
6. Schmuggelgeschäfte
Paulmaier lernt, mit Klauen und Schmuggeln seine Lebenssituation zu verbessern. Nachdem er zwei Mal das komplette Bauholz verkauft hat, fürchtet er, aufzufliegen.
7. Tötungen
In den Lagern herrscht ein Klima der Gewalt: Paulmaier beobachtet, wie mehrere Gefangene erschossen werden. Einmal töten Gefangene einen Bewacher.
8. Adenauer in Moskau
Bundeskanzler Adenauer erreicht im September 1955 die Freilassung der letzten Kriegsgefangenen. Sofort wird das Lagertor geöffnet, Paulmaier kann sich frei bewegen.
9. Heimkehr
Im Januar 1956 darf Paulmaier endlich nach Hause fahren. Er gehört zu den 451 Heimkehrern, welche die Sowjets als „Kriegsverbrecher“ an die Bundesrepublik übergeben.
10. Entschädigung
Paulmaier erhält nach seiner Rückkehr finanzielle Unterstützung. Nach Russland fährt er nie mehr: „Ich habe immer gedacht, die würden mich schnappen und behalten.“